I Due Forni: Italienisch für Masochisten
Die Tageskarte ist nur auf Italienisch auf eine Tafel gekritzelt und falls man es wagt nachzufragen, was es genau ist, kriegt man nur einen genervten Blick inklusive einem Augenverdreher. Ein schmückendes Petersilienblättchen auf der Pasta – Fehlanzeige! Den Salat muss man sich sogar selber schnippeln. Die Teller werden einem nach dem Motto „Friss oder stirbt“ hingeknallt und Sonderwünsche werden generell ignoriert.
Hier lebt der Punk nicht nur in der Optik weiter
Trotz oder vielleicht genau deswegen ist das Restaurant am Senefelder Platz stets brechend voll. Die rotzige Attitüde macht auch den Charme der Pizzeria aus. Nicht ganz unschuldig ist natürlich auch das großartige Essen. Für mich kriegt man hier definitiv die beste Pizza der Stadt, wobei ich auch gerne mal Spaghetti Ragù bestelle. Optisch sicherlich das unspektakulärste Gericht überhaupt, geschmacklich einfach großartig. Und der Hauswein passt auch perfekt dazu.
»Wer einen Edding dabei hat, darf sich auch verewigen«
Überzeugt die Atmosphäre?
Nun ja, die typischen karierten Tischdecken, die man beim klassischen Italiener erwartet, findet man auch hier. Allerdings sind sie überseht mit unzähligen Löchern und gebügelt wurden sie sicher auch noch nie. Das Ambiente kann man wohl am besten als „punkig gemütlich“ bezeichnen. Die Wände sind vollgekritzelt und wer einen Edding dabei hat, darf sich ebenfalls verewigen.
Du kannst die Schrift auf der Tafel nicht lesen und hast keine Ahnung was „Agnello“ bedeutet? Dein Problem!
Es hat etwas von „Konzerthalle trifft auf Kantine“, aber doch mit einer Portion Wärme ausgestattet. Der große Raum wirkt etwas vollgestellt und unruhig. Aber das soll so sein. Die Möbel haben ihre besten Zeiten schon längst hinter sich und einheitlich ist hier nur die schlechte Laune des Personals. Auch das soll so sein. Die vollgeschriebenen Wände bieten aber auch einen hohen Unterhaltungswert. Je nachdem wo man sitzt, kann man immer was neues entdecken. Wenn das Gespräch am Tisch mal etwas stockt, einfach mal was von den gelben Wänden rezitieren. Im Sommer kann man auch draußen sitzen und seine Pizza im urbanen Umfeld genießen.
Wie ist der Service?
Nennen wir es mal vorsichtig „spezielle“. Nach meinem allerersten Besuch im I Due Forni habe ich mir geschworen nie wieder nur einen Fuss in dieses Restaurant zu setzen. Auf mein „Hallo! Ich habe einen Tisch auf Alexander reserviert.“ habe ich lediglich einen genervten Blick bekommen und wurde mit einer lapidaren Handbewegung an einen der Tische verwiesen. Die Karte wurde lieblos auf den Tisch geworfen und die Ölflasche auf die Platte geknallt. Auch das Brotkörbchen wurde mir kommentarlos hingeworfen – vielen Dank auch! Als mich der Kellner dann vernuscheltes mit den Worten „Was willst essen?“ anschrie, war bei mir dann alles aus. Erst die leckere Pizza versöhnte mich dann wieder für einen kurzen Augenblick. Das dauerte aber nicht lange lange. Als ich einen Wein nachbestellen wollte, spielte der Kellner lieber mit einem anwesenden Hund statt mich zu bedienen. Man muss halt Prioritäten setzen! Dann habe ich bezahlt und bin geflüchtet – erwischte mich aber schon bald bei dem Gedanken an die köstlich Pizza und landete wieder hier. Inzwischen finde ich das unfreundlichste Lokal Berlins sogar ganz witzig und amüsiere mich schon beinahe dabei, wenn ich eingeschüchterte Touristen sehe, die zum ersten Mal im I Due Forni zusammengestaucht werden.
Wie ist die Speisekarte?
Man bekommt eine gelbe Din A4 Papierkarte zum Aufklappen. Da findet man eine sehr große Auswahl an unterschiedlichsten Pizzen. Selbst was mit Pferdefleisch kann man hier ordern. Dazu findet man auf der Karte auch den Salat, der im Grunde noch komplett selbst zubereitet werden muss. Es wir eine Schüssel gereicht, in der noch komplett unverarbeitetes Gemüse liegt. Das Schibbeln bleibt einem selbst überlassen. Das Dressing muss man sich mit Olivenöl, Balsamico und den Gewürzen am Tisch ebenfalls selbst mixen.
Die Spaghetti Ragù werden wohl nie einen Schönheitswettbewerb gewinnen, schmecken tun sie dafür vorzüglich.
»Einfach schnell googeln – das ist einfacher als jemanden vom Personal zu fragen«
Zusätzlich zur regulären Speisekarte gibt es noch weitere Gerichte auf der Tafel. Hier findet man hauptsächlich verschiedene Pastasorten mit unterschiedlichen Soßen – aber auch vereinzelte Fleischgerichte. Es gibt Klassiker wie die Spaghetti Ragù (manchmal auch Tagliatelle Ragù) oder auch wechselnde Gerichte. Wenn man Glück hat, wurde die Karte von jemandem beschriftet, der eine lesbare Handschrift hat, sonst kann es auch mal etwas schwieriger mit dem Lesen werden. Die Speisen sind auf italienisch geschrieben und wenn man der Sprache nicht mächtig ist, muss man halt schnell googeln. Das ist einfacher, als jemandem vom Personal zu fragen. Freitags gibt es nur Gerichte mit Fisch auf der Tageskarte – das betrifft die Pizzen allerdings nicht.
Was sollte man bestellen?
Wer das erste mal im I Due Forni isst, sollte auf jeden Fall eine der Pizzen kosten. Hier ist für jeden Geschmack etwas dabei. Besonders köstlich ist die Kombination aus Bresaola und Wallnüssen. Mein absoluter Favorit ist allerdings die Pizza mit Salsiccia. Sehr fleischig und einfach köstlich im Geschmack. Ich liebe auch die Spaghetti Ragù. Ölig und saftig – nix für die schlanke Linie, aber wirklich zum Teller auslecken. Wer noch Bock auf Dessert hat, sollte sich natürlich den absoluten Klassiker ordern – das Tiramisu. Hausgemacht und sehr cremig. Guten Appetit.
Wie ist das Publikum im Restaurant?
Weil Pizzaessen so gesellig ist, findet man oft viele größere Gruppen im I Due Forni. Ob zu einem bestimmten Anlass wie Geburtstage oder einfach Leute, die mit Freunden eine Karaffe Hauswein leer machen wollen. Die typische junge Familie, die in Prenzlauer Berg wohnt ist hier genauso vertreten wie verwirrte Touristen, die in der Umgebung ihr Hotel haben. Man trifft sich gern in diesem hallenartigen Restaurant nach Feierabend und lässt bei einer ordentlichen Portion Kohlenhydrate den stressigen Alltag hinter sich. Im I Due Forni herrscht eine entspannte Stimmung ohne viel Chi-Chi. Es darf auch mal laut „Happy Birthday“ gesungen und in lautes Lachen verfallen werden.
Reservieren ist im I Due Forni immer eine gute Idee – auch wenn man manchmal ewig niemanden an den Hörer kriegt
Die reichlich belegten Pizzen sind meiner Meinung nach die besten der Stadt
Wer sollte das I Due Forni nicht besuchen?
Tut euch den Gefallen und kommt bloß nie mit euren (zukünftigen) Schwiegereltern hier her. Sonst ist die Beziehung ganz schnell ruiniert. Es sei den, ihr wollt eure „bessere“ Hälfte eh los werden, dann ist es perfekt. Leute, die extrem viel Wert auf Etikette, perfekten Service und ein gepflegtes Ambiente legen, werden sich im I Due Forni vermutlich sehr unwohl fühlen. Liebhaber von feinen Weinen, die ihrer vinophilen Lust bei einem italienischen Abendessen frönen wollen, fühlen sich sicher hinterher auch etwas unbefriedigt, wenn sie lediglich den gekühlten Rotwein aus dem Zapfhahn vorgesetzt bekommen. Und doch wird sicher jeder glücklich – auch wenn etwas eingeschüchtert, weil man vom Kellner angepampt wurde – nach Hause gehen und bald wieder kommen, um sich wieder die geile Pizza zu gönnen.
Was steht am Ende auf der Rechnung?
Der Wein ist günstig und eine Pizza kostet im Schnitt ca. 10 Euro – alles in einem guten Rahmen also. Lediglich bei den Fleischgerichten von der Tageskarte wird es etwas teurer. Aber eine zweite 1,5 l Karaffe von dem Hauswein ist auf jeden Fall immer mit drin.
Wo finde ich das I Due Forni?
I Due Forni | Schönhauser Allee 12 | 10119 Berlin